Geleitwort des Legalisators S. K. u. K. Erzherzog Otto

Geleitwort des Legalisators S. K. u. K. Erzherzog Otto

Otto von Habsburg

Oberster Ordenskreuzträger und Legalisator des Europäischen Weinritterordens

Die stürmische Zeit, die wir erleben und deren Ausdruck nicht nur das Problem Terrorismus ist, sondern auch die Wandlungen, die im europäischen Raum auf uns zukommen, unterstreicht wieder einmal die große Bedeutung fester Wurzeln des Einzelnen und der Gemeinschaften. Es sind nur fest verankerte Bäume, die einem Sturm erfolgreichen Widerstand leisten können.
Im Menschlichen ist diese Wurzel die Tradition, das heißt die Verbindung mit der Überlieferung unserer Väter, mit dem Charakter unseres Volkes, mit unserem Glauben und damit mit jenen Prinzipien, die unsere Größe ausgemacht haben.
Die Europäische Weinritterschaft hat schon darum ihre Bedeutung, weil ihr Sitz im Burgenland ist. Dieses ist ein Gebiet, das ungarische, österreichische und kroatische Kultur verbindet, das schwere Zeiten erlebt und diese erfolgreich überstanden hat. Es war immer die Aufgabe des größeren Österreichs, Brücke zu sein zwischen dem Donaubecken und dem Deutschen Raum.
Diese Aufgabe besteht weiter, ja sie ist derzeit noch wesentlich wichtiger, wo es darum geht, die Erweiterung der Europäischen Union durchzusetzen.
An allererster Stelle darf man dabei nicht vergessen, dass Europas Größe aus seiner christlichen Kultur stammt. Europa ist ohne sie undenkbar. Die großen Bewegungen seiner Geschichte waren fast immer durch den Glauben motiviert.
Das gilt auch für jene Kriege, die Europa geschaffen haben, ob es sich nun um den Donauraum gehandelt hat oder aber um die Kämpfe im Westen Europas, die sogenannten Maurenkriege.
Letztere sind mit der Reconquista, der Befreiung, ein Beispiel auch in unseren Tagen. Der beste Ausdruck dafür ist die Höhle von Covadonga, jenem kleinen Punkt, den die Christen gegen den Sturm der Mauren hielten. Ganz Spanien war überflutet, und die letzten Einheiten standen allein und von allen abgeschnitten auf diesem Gebirgsmassiv. Es war deren Beschluss, mit Vertrauen auf Gott, eine schier undenkbare Wiedereroberung einzuleiten, die zu der Befreiung aller spanischen Gebiete geführt hat.
Im Burgenland wiederum konnte man die feindliche Flut erleben, zuletzt in Lebzeiten der älteren Generation unserer Tage, durch die damalige Okkupation der Hälfte des Europäischen Kontinentes. Das Burgenland hat dabei gewaltig gelitten, hat es durchgestanden und hat auch die schönen Stunden der Befreiung auf eigenem Boden erlebt.
Diese war aber nur möglich, weil es Menschen gegeben hat, die die Hoffnung nicht aufgeben wollten, weil sie auf Gott vertrauten.
Die Geschichte ist auch Verpflichtung. Wir schulden die europäische Zukunft all jenen im Donauraum und darüber hinaus, die noch nicht die volle Freiheit und Sicherheit durch die Mitgliedschaft in der Europäischen Union erreicht haben. Wir, die wir die fremde Okkupation erlebten, sind Zeugen, dass, bleibt man den Grundsätzen treu, man am Schluss erfolgreich ist.
Treue zu unserer Tradition zeigt sich nicht nur in der inneren Einstellung, sondern auch in den äußeren Gebräuchen. Wer die Geschichte Europas kennt, weiß um die Bedeutung unserer Weinkultur. Es ist kein Zufall, dass Jesus Christus sein erstes Wunder durch Verwandlung von Wasser in Wein, und das auf Bitte seiner Mutter, vollbrachte. Wer unseren Kontinent bereist, weiss, dass an jenen Orten, wo der Weinbau die wirtschaftliche Grundlage ist, die Zivilisation eine Hochblüte erlebt hat.
Sie bedeutet Menschlichkeit, Kunst, Schönheit und Lebensfreude.

In diesem Sinne ist die Verbindung Ritterschaft mit dem Begriff Wein durchaus gerechtfertigt. Sie sind beide Stücke unserer Geschichte, unseres Wesens und daher auch die Verpflichtung für uns, nicht zuletzt dieser Tradition treu zu bleiben.

Das ist es, was die Europäische Weinritterschaft erhalten will. Auf diesem Weg wird sie Erfolg haben und wird ihre Aufgabe in dem sich einigenden Europa erfüllen.

DDr. Otto von Habsburg
Oberster Ordenskreuzträger des Europäischen Weinritterordens